So finden und validieren Sie die besten GenAI-Anwendungsfälle (F1)
Die Suche nach Anwendungsfällen für den Einsatz generativer KI ist in vollem Gange. Fachartikel und Kongresse präsentieren unzählige Beispiele, doch die meisten sind zu allgemein oder zu spezifisch, so dass sich diese nicht direkt auf das eigene Unternehmen übertragen lassen. Der Blick nach außen ist wenig hilfreich:
Beispiel für einen zu allgemeinen Anwendungsfall: Auf Knopfdruck in MS365 Outlook einen Entwurf einer E-Mail freundlicher schreiben lassen. Aber dies ist kein Gamechanger in Bezug auf die eigenen Kernprozesse, aber besserer Kundenservice.
Beispiel für einen zu speziellen Anwendungsfall: Der Zahlungsdienstleister Klarna hat einen Zahlungsaufschub mit genKI realisiert, wenn der Kunde diesen anfragt. Dies führt in der Buchhaltung zu Kostenersparnissen. Aber Versicherer sind keine Fintech-Dienstleister mit eigenem Zahlungssystem.
Wie können Unternehmen die besten Anwendungsfälle identifizieren und validieren?
“Die wertvollsten Anwendungsfälle für generative KI finden sie in ihren eigenen Prozessbeschreibungen.”
Schritt 1: Nutzen Sie Prozessbeschreibungen zur gezielten Identifikation von GenAI-Anwendungsfällen
Eine Prozessbeschreibung dokumentiert systematisch betriebliche Abläufe, indem sie Arbeitsschritte, Verantwortlichkeiten und benötigte Ressourcen definiert. Sie erfasst zudem relevante Datenflüsse und Informationssysteme. Dadurch bieten Prozessbeschreibungen eine wertvolle Basis, um gezielt Anwendungsfälle für Generative KI zu identifizieren.
Prozessbeschreibungen sind ideal zur Identifikation von GenAI-Anwendungsfällen, da sie einen umfassenden Überblick über bestehende Arbeitsabläufe liefern. Sie zeigen, welche Tätigkeiten konkret anfallen, wie oft, wo hoher Aufwand entsteht und welche Daten – strukturiert oder unstrukturiert – verarbeitet werden. So lassen sich gezielt Einsatzgebiete mit dem größten Mehrwert für GenAI identifizieren.
Praxisbeispiele mit Potenzial für den Einsatz von GenAI
Die folgenden Beispiele zeigen, wie Generative KI Prozesse optimiert und den Arbeitsaufwand reduziert:
Individualisierte Eingangsbestätigungen: Versicherer versenden standardisierte Bestätigungen wie „Vielen Dank für Ihre E-Mail.“ Mit Generativer KI lassen sich diese personalisieren, z. B.: „Danke für Ihre Anfrage zur Adress- oder Bankverbindungsänderung.“ Dadurch wird die Rückantwort eindeutiger, reduziert Nachfragen und entlastet den Kundenservice.
Automatisierte Posteingangsklassifikation: Bisher kategorisieren Mitarbeiter den Posteingang anhand vordefinierter Kategorien. Generative KI kann diesen Prozess automatisieren und Nachrichten präzise zuordnen, etwa: „Dies ist eine Schadenmeldung“ oder „Dies betrifft eine Adressänderung.“ Dadurch werden Ressourcen eingespart, die Bearbeitung beschleunigt und Fehler minimiert.
Schritt 2: Validieren sie Anwendungsfälle mit Hilfe der Prozessbeschreibungen.
Die detaillierte Analyse der Prozessbeschreibungen ermöglicht eine fundierte Bewertung der identifizierten Anwendungsfälle. Dabei werden mehrere zentrale Aspekte geprüft:
Wirtschaftliches Potenzial: Welche Zeit- und Kosteneinsparungen sind realistisch?
Technische Komplexität: Wie aufwendig ist die Integration, und sind die erforderlichen Daten verfügbar?
Prozessreife: Ist der bestehende Prozess bereits ausreichend standardisiert?
Risikofaktoren: Welche Herausforderungen könnten bei der Implementierung auftreten?
Compliance-Anforderungen: Welche rechtlichen und regulatorischen Vorgaben sind zu beachten?
Diese systematische Validierung hilft, die Machbarkeit der Anwendungsfälle realistisch einzuschätzen und die vielversprechendsten gezielt zu priorisieren.
Validierungsbeispiel: Automatisierte Posteingangsverarbeitung
Die Analyse der Prozessbeschreibung zeigt:
Aktuelle Bearbeitung: Fünf Mitarbeiter bearbeiten täglich je 200 E-Mails. Bei einer Bearbeitungszeit von ca. 2 Minuten pro E-Mail ergibt sich ein Gesamtaufwand von 33,3 Stunden pro Tag.
Monatliches Einsparpotenzial: Bei durchschnittlich 20 Arbeitstagen pro Monat entspricht dies etwa 667 Arbeitsstunden pro Monat.
Ergebnis: Da rund 80 % der Anfragen standardisiert sind, könnte eine Generative KI diese automatisiert verarbeiten. Dadurch ließe sich das Arbeitsvolumen um etwa 533 Stunden pro Monat reduzieren.
Die technische Umsetzung ist vergleichsweise einfach, da alle E-Mails digital vorliegen und die meisten Anfragen nach festen Mustern klassifiziert werden können. Herausforderungen bestehen vor allem bei Sonderfällen, die einen definierten Eskalationsprozess erfordern.
Fazit: Nutzen Sie Ihre Prozessbeschreibungen zur Identifikation und Bewertung von GenAI-Anwendungsfällen
Hören Sie auf, nach generischen Anwendungsfällen bei anderen Unternehmen zu suchen – die besten Potenziale liegen in Ihrem eigenen Betrieb. Nutzen Sie Ihre Prozessbeschreibungen als Ausgangspunkt:
Identifikation: Analysieren Sie bestehende Abläufe (Input) und erstellen Sie eine Long-List möglicher Anwendungsfälle für Generative KI.
Validierung: Prüfen Sie diese anhand wirtschaftlicher und technischer Kriterien, um eine Short-List mit den vielversprechendsten Szenarien zu erstellen.
Aber was, wenn keine Prozessdokumentation vorliegt?
Auch ohne formale Prozessbeschreibungen lassen sich Anwendungsfälle für Generative KI identifizieren. Sprechen Sie mit den Fachabteilungen, beobachten Sie bestehende Abläufe und erfassen Sie wiederkehrende Tätigkeiten. Besonders wertvoll sind Mitarbeiter-Interviews und interaktive Workshops, um Engpässe, repetitive Aufgaben und datenintensive Prozesse zu erkennen. Workshops bieten den Vorteil, dass verschiedene Perspektiven zusammenkommen, Prozesse direkt skizziert und potenzielle KI-Anwendungen gemeinschaftlich entwickelt werden können.
Das Ergebnis? Eine klar priorisierte Short-List potenzieller Anwendungsfälle.