Wie das Zurich Innovation Lab seinen Konzern beflügelt
Jörg-Tobias Hinterthür berichtet vom Innovation Lab SmartHome bei Zurich
Innovation Labs: Wie führende Versicherer die digitale Transformation vorantreiben
Führende Versicherungsunternehmen setzen verstärkt auf Innovationslabore, um ihre digitale Transformation zu beschleunigen. Diese sogenannten „Innovation Labs“ sind speziell darauf ausgelegt, digitale Produkte und Dienstleistungen abseits des operativen Tagesgeschäfts zu entwickeln. Doch wie wirksam sind diese Labs wirklich?
Jörg-Tobias Hinterthür von der Zurich Gruppe Deutschland berichtet vom Innovation Lab SmartHome, von der Partnerschaft mit GROHE und der gemeinsamen Initiative Wasserstop
Kritiker stellen oft die Frage: Können Innovation Labs tatsächlich den digitalen Wandel eines Unternehmens vorantreiben oder bleiben sie ein isoliertes Experiment? In diesem Artikel beleuchten wir:
Die Vorteile von Innovation Labs: Warum setzen Unternehmen auf diese Form der Innovationsförderung?
Der Weg zur Innovation: Welche Methoden und Ansätze nutzen diese Labs, um innovative Lösungen zu entwickeln?
Erkenntnisse in die Praxis bringen: Wie gelingt es, die Ergebnisse aus den Innovationslaboren in die Linienorganisation zu übertragen?
Erfolgsbeispiele aus der Praxis: Was können wir von Unternehmen lernen, die mit Innovation Labs nachweisbare Erfolge erzielt haben?
Erfahren Sie, wie Innovation Labs zur treibenden Kraft für Veränderungen werden – und warum sie weit mehr sind als nur ein Trend.
Die Rolle der Innovation Labs bei der Zurich Gruppe Deutschland
KHP: Herzlich willkommen liebe Zuhörer, mein Name ist Karl Heinz Passler. Heute habe ich die Ehre, Jörg-Tobias Hinterthür zu begrüßen. Tobias ist Head of Innovation Lab SmartHome bei der Zurich Gruppe Deutschland. Hallo Tobias! Heute wollen wir uns über das Thema SmartHome unterhalten.
KHP: Was macht ein SmartHome Innovation Lab?
Tobias Hinterthür: Wir haben uns bei Zurich vor fast fünf Jahren dazu entschieden, unsere Herangehensweise an neue Themen stärker zu fokussieren und haben dazu interne Labs gebildet. Das heißt, wir haben dort jeweils Mitarbeiter aus allen Bereichen zusammengezogen, die fest in einer Linienfunktion bei uns (im Lab angestellt) sind, sich also nicht im Projekt Status befinden, sondern sie sind fest mit den Innovation Labs verdrahtet. So können wir Themen viel schneller in einem Prototypen Status vertesten, als es in der bisherigen Organisation ging.
Insgesamt haben wir drei Labs. Neben dem SmartHome Lab, auf das ich gleich noch einmal eingehe, gibt es noch das New Life Lab, also alles rund um Lebensversicherung und Altersvorsorge und das Mobility Lab. Das kümmert sich um die Weiterentwicklung der klassischen Kfz-Versicherung, aber insbesondere auch um neue Mobilitätskonzepte.
Und das SmartHome Lab kümmert sich um das ganze vernetzte Wohnen, Leben und Arbeiten. Was das für unsere Kunden zukünftig bedeutet, als auch die Auswirkungen auf unser Geschäftsmodell als Zurich Versicherung insgesamt.
Das Innovation Lab der Zurich Versicherung und die Job-Rotation mit der Linien-Organisation
KHP: Das heißt, die Mitarbeiter sind komplett im Lab abgestellt oder nur mit einem Teilzeitfaktor?
Tobias Hinterthür: Die Mitarbeiter sind nicht nur komplett abgestellt, die haben eigene Linien-Arbeitsverträge mit dem Lab. Wir sehen das als Teil der internen Transformation, die wir bei Zurich recht erfolgreich machen. Die Mitarbeiter sagen tatsächlich: Hier kann ich die neue Arbeitsweise wirklich im agilen Modus lernen. Das ist keine Position, wo wir sagen "Da gehe ich in Rente", sondern wir sagen, nach ca. drei bis vier Jahren sollte ich eigentlich schauen, dass ich mich dann weiter im Unternehmen entwickeln kann. Mit dem Wissen, das ich mitgenommen habe und mit dem neuen Netzwerk.
Da wollen wir so ein bisschen (im positiven Sinne) eine transformatorische "Durchlauferhitzer"-Funktion einnehmen und insbesondere immer wieder neue Mitarbeiter mit neuen Ideen reinholen. Das ist der Ansatz in den Innovation Labs von Zurich Deutschland. Wenn jemand nach fünf Jahren im Lab weitermachen möchte, darf er das natürlich auch, aber ich ermutige immer wieder die Mitarbeiter dazu, sich im Unternehmen weiterzuentwickeln. Uns werden die Leute auch gerne abgeworben, was eine Bestätigung der Arbeit ist, die wir hier machen.
KHP: Das klingt nach Job-Rotation, nur etwas länger als üblich.
Tobias Hinterthür: Genau, das ist die interne Job-Rotation. Ich möchte natürlich auch Leute von extern, das ist immer gut, aber wir haben auch sehr gute interne Leute, mit denen wir diese Themen treiben können. Diese wollen sie natürlich gerne bei uns behalten. Das klassische Vorgehen ist: Ich als „Product-Owner“ (Produktverantwortlicher) bin mit einem Thema gut unterwegs, der Prototyp ist erfolgreich, wir übernehmen es in die Linie und skalieren und der Product-Owner geht mit diesem Thema in die Linie über. Das ist so die Idealvorstellung. Das hat im Bereich Smart Home auch schon zweimal sehr gut funktioniert. Von daher ist das der Weg den wir bestreiten.
KHP: Ich kann ich mir sehr gut vorstellen, wie über mehrere Rotationen die neue Vorgehensweise und der innovative Geist auf die Linien-Organisation übergehen. Entsprechend seid ihr untereinander sicherlich sehr gut mit den anderen tausenden von Mitarbeitern und Abteilungen in der Zurich Gruppe vernetzt.
Tobias Hinterthür: Ja. Das ist der Grund, weshalb wir beim Start (Mitte 2015) gesagt haben wir wollen es mit internen Leuten machen. Denn jeder ist Spezialist in seinem Fachgebiet, jeder bringt das Wissen und das Netzwerk mit und das unterscheidet uns. Wir können im Team durch dieses breite Fachwissen viel schneller eine Entscheidung herbeiführen. Wenn wir dafür nicht in der Lage sind, können wir über das Netzwerk, was die Leute mitbringen, sehr schnell zu einer Entscheidung kommen. Wir müssen die Hierarchieebenen nicht mit einer Frage hochklettern und die Antwort wird dann wieder auf dem gleichen Weg nach unten zurückgegeben. Das kostet Zeit. Das macht unsere Entscheidungswege im Lab wirklich schneller.
Tobias Hinterthür: Wobei es die klassische Produktentwicklung bei Zurich immer noch gibt. Wir (in den Labs) haben uns den eher revolutionären Themen und neuen Themen verschrieben, während die klassische evolutionäre Produktentwicklung, das heißt Anpassung an Hausrat oder Themen aus der klassischen Kfz- oder Lebensversicherung weiterhin in den Produkt-Einheiten gemacht wird. Das ist dort auch richtig aufgehoben.
KHP: Das heiß, in den Innovationslaboren gibt es drei Linien die den klassischen Sparten folgen. Das eine ist Kfz, dann habt ihr Leben und was Du mit dem SmartHome Lab machst ist schwerpunktmäßig Komposit also Sachgeschäft. Das heißt auch, dass ihr in den Labs jeweils mit der Linien-Organisation in den Sparten sehr gut vernetzt seid und euch auch super austauschen könnt, weil ihr die gleiche Sprache sprecht, die gleichen Abrechnungsmodelle im Kopf habt und so weiter.
Tobias Hinterthür: Exakt. Wir führen die Initiativen immer zusammen mit den Linien-Einheiten durch. Das kann mal mit der Produktentwicklung sein, das kann mit Schaden sein, dass kann auch mal mit dem Vertrieb sein. Denn wir haben in den Labs die Weisheit nicht erfunden und können das alleine auch nicht skalieren, deshalb binden wir die Linie immer mit ein.
Tobias Hinterthür: Wenn die Initiativen erfolgreich sind, wollen wir diese auch großmachen. Dazu brauche ich von Anfang an die Unterstützung der klassischen Linien-Funktionen. Deshalb binden wir die Kollegen sehr gerne mit ein und diese bringen dann auch nochmal ihre Ideen mit ein. Wir ergänzen uns sehr gut und machen immer ein Co-Staffing von ca. 30 Prozent aus der Linie und 70 Prozent aus dem Lab. Wir bringen dann eher die neuen Methoden mit, was agile Arbeitsweise angeht.
Wie die Zurich Gruppe Innovationen entwickelt und in ihre Linien-Organisation überträgt
KHP: Wie läuft denn so ein Projekt ab? Macht ihr in den Labs das Brainstorming und die Ideenfindung, erstellt dann einen Proof of Concept (POC) und führt Tests durch? Und wenn das positive Ergebnisse erzeugt steht die Frage an, möchte ich das in die Linie von Zurich implementieren, um es zu skalieren?
Tobias Hinterthür: Ja. Wenn wir unsere Initiativen entwickeln, werden die meistens erst einmal im Lab intern vorangetrieben und wenn wir dann eine grobe Richtung haben holen wir uns ein erstes Feedback aus der Linie. Dann gehen wir einmal in den Vorstand, um unsere Marschrichtung und das Commitment einzuholen und um sicherzustellen, dass wir an den richtigen Themen arbeiten. Auch um die Vernetzung im Unternehmen zu diesen Themen klarzustellen. Nicht, das irgendwo in der Linie daran parallel gearbeitet wird. Doppelarbeit wollen wir unbedingt vermeiden.
Dann gehen wir mit einem kleinen Team in erste Tests rein, was aber durchaus schon gemischt Linie und Lab sein kann. Das sind meistens Interviews, die wir auf der Straße durchführen oder Family- and Friends-Tests. Wenn das anschließend immer noch in die richtige Richtung geht und Erfolg versprechend ist, dann vergrößern wir das Team, definieren vorher eine Vision der Initiative, legen fest was wir an Skills in dem Team brauchen und stellen uns das im Unternehmen zusammen. Und dann erarbeitet das Team in agilen Sprints den Prototypen.
KHP: Wie geht ihr speziell im Innovation Lab SmartHome vor?
Tobias Hinterthür: Wir haben diese drei Themen die ich vorhin genannt hatte. Wir nennen diese Megatrends, das sind Themen, die die Gesellschaft nachhaltig beeinflussen werden. Da wollen wir mit unseren Innovation Labs (Mobility, NewLife und SmartHome oder SmartLiving ist es fast eher geworden) frühzeitig aufgestellt sein und schauen, was in den nächsten zwei bis fünf Jahren passiert.
Bei dem Thema SmartHome und vernetztes Leben fängt es damit an, dass wir über Messebesuche (z.B. auf der IFA) ein gutes Gefühl dafür bekommen, was passiert eigentlich bei der vernetzten Haustechnik. Kommen da neue Risiken auf uns zu? Fallen vielleicht andere Risiken weg? Was heißt das für die Risikobewertung bei uns? Was hat das für einen Einfluss auf den Kunden und für die Kundenkommunikation? Dieses ganze Feld beleuchten wir dabei und leiten daraus unsere Themen ab zu denen wir sagen: Das sollten wir näher beleuchten. Das möchten wir erst einmal besser verstehen, um dann die Implikationen für Zurich daraus abzuleiten.
KHP: Das heißt die Auslöser für die Innovation Labs kommen gar nicht aus der Versicherungsbranche, sondern ihr schaut über den Tellerrand hinaus. Was macht der Kunde? Und was gibt's für neue Technologien?
Tobias Hinterthür: Ja! Dafür sind die Labs gegründet worden, um sich außerhalb des Versicherungsbereichs zu tummeln. Wir holen uns den Input aus den Gesprächen mit der Industrie, zum Beispiel mit SmartHome Herstellern. Schauen was passiert da eigentlich? Und wo geht die Reise hin? Ich will den Begriff Ökosysteme nicht überstrapazieren, aber wir werden uns als Versicherer immer mehr öffnen und Partnerschaften eingehen. Dass sind nicht nur Vertriebspartnerschaften, sondern können auch Service Partnerschaften sein, wo der Kunde sich eingebunden fühlt. Und genau dieses Querdenken über die Industriegrenzen hinweg versuchen wir zu fördern und dort unsere Themen zu finden. Das kommt natürlich auch bei den Industriepartnern gut an. Die sagen: Bei unserem Produkt haben wir überhaupt nicht an Versicherungen gedacht. Aber die Story passt ja perfekt, da haben wir beide was davon. Das ist genau das, wo wir hinwollen.
Praxisbeispiel branchenübergreifender Partnerschaft zwischen Zurich Versicherung und GROHE
KHP: Es geht also um Ökosysteme und branchenübergreifende Partnerschaften. Was ist denn dein Lieblingsbeispiel bzw. Erfolgsbeispiel?
Tobias Hinterthür: Ein Erfolgsbeispiel ist z.B., dass was wir gerade mit GROHE machen, die Wasserstop-Aktion. Der Wasserschaden ist so ziemlich das unangenehmste was man haben kann. Viele sagen sogar das ist schlimmer als Feuer. Wenn einem der Keller knietief vollgelaufen ist, dann mit Trockungsanlagen über Monate, Krach und Dreck, das will eigentlich kein Kunde haben oder noch mal erleben. Und da sind wir über Gespräche auf einer Industriemesse mit GROHE ins Gespräch gekommen.
GROHE sagte: Ja, wir haben da was, wir wissen aber nicht genau wie man das vertrieblich umsetzen kann, wie wir an Kunden kommen. Versicherer müssten doch ein Interesse daran haben Wasserschäden zu vermeiden. Bzw. ist das ein Thema für Versicherer? Ja, klar! Dann sind wir in das Gespräch eingestiegen, wie man das umsetzen könnte ohne dass es ein reines Vertriebsmodell (für das Wassersicherheitssystem GROHE Sense) ist. Es muss in eine Story passen, die dem Unternehmen, den beteiligten Partnern, den Kunden und auch dem Vertrieb schmeckt.
Wir sehen, dass wir damit eine sehr hohe Akzeptanz bei den Kunden haben, die wirklich sagen: Super, jetzt wird Versicherung für mich nochmal spürbar. Ich bezahle sonst immer eine Prämie, und solange ich keinen Schaden habe, merke ich eigentlich nichts davon. Wenn ihr mir jetzt helft, präventiv Themen zu vermeiden, dann spüre ich einen Mehrwert, weshalb ich mich für die Zurich Versicherung in unserem Beispiel entschieden habe.
Dies führt zu positiven NPS- Scores (Net Promotor Scores). Denn die Leute erzählen, dass natürlich im Freundes und Bekanntenkreis weiter. Das führt zu einer hohen Kundenloyalität, die Kundenbindung wird gestärkt und wir kommen an Neukunden ran. Man kann dies an ganz vielen Themen von der Baufinanzierung bis hin zur Sanierung ansprechen und haben damit einen tollen Zugang zu (neuen und bestehenden) Kunden gefunden, indem ich mit ihnen mehr als einmal im Jahr über die Rechnungsstellung kommuniziere. Ich habe immer wieder Anknüpfungspunkte und das ist wirklich ein Erfolgsthema bei uns.
KHP: Beeindruckendes Beispiel. Für unsere Zuhörer die noch nicht so viel im Innovationsumfeld tätig sind: GROHE Sense Guard ist ein Produkt, das ich in die Leitungswasser-Zuleitung einfüge?
Tobias Hinterthür: Genau, das ist ein Gerät so groß wie ein halber Schuhkarton. Der wird möglichst direkt hinter der Wasseruhr installiert. Es misst dauerhaft den Durchfluss und die Druckverhältnisse und folgend einem bestimmten Algorithmus warnt er mich entweder, wenn ich Mikroleckagen (das heißt tropfende Wasserhähne) habe oder irgendwo ein bisschen Wasser raus rinnt bzw. wenn ein Rohrbruch indiziert wird sperrt er die Wasserzufuhr ab. Das vermindert Schäden. Wir können den Wasserrohrbruch selbst nicht verhindern. Wir kriegen ihn aber schneller mit und können die Folgekosten für den Kunden und für uns natürlich deutlich reduzieren. Damit hat es für den Kunden den Vorteil, dass er eine Schadensbegrenzung hat und für uns hat es den Vorteil, dass wir die Kosten für Leitungswasser-Schäden signifikant senken können.
Die Vorteile des Zurich und GROHE Ökosystems
KHP: In versicherungstechnischer Sicht: Die Schaden-Frequenz kann ich wahrscheinlich nur wenig ändern, aber die Kosten pro Fall kann ich damit deutlich reduzieren. Richtig?
Tobias Hinterthür: Ja, genau. Die Kosten pro Fall, ist klar. Wenn ich nur eine Pfütze habe, weil ich das Wasser absperren konnte, sind die Folgekosten natürlich wesentlich geringer als wenn ich monatelang Geräte zur Trocknung aufstellen muss.
Tobias Hinterthür: Was die Frequenz-Themen angeht, da tasten wir uns jetzt ran. Da lernen wir noch. Ich sehe das Thema sehr vorteilhaft. Wir bekommen immer sehr gutes Feedback und das bringt uns weiter nach vorne. Wir nehmen damit auch eine Vorreiterstellung in der Branche ein, denn viele (andere Versicherer) haben sich daran die Zähne ausgebissen. Wir haben es geschafft (GROHE Sense Guard beim Kunden) wirklich zu installieren. Und das macht auch Spaß mal zu den Ersten zu gehören!
KHP: Ein normaler Kunde kriegt ja, wenn alles gut läuft, vom Versicherer lediglich eine Rechnung pro Jahr. Wahrscheinlich noch mit einer Erhöhung der Wohngebäudeversicherungsprämie. Ihr habt jetzt mehr Interaktionsmöglichkeiten. Was habt ihr zum Beispiel für andere Interaktionen mit euren Kunden?
Tobias Hinterthür: Ohne alle Geheimnisse zu verraten: Ich kann z.B. Peer-Group Vergleiche anbieten. Diese kommen bei vielen Kunden gut an. Bei deiner Haushaltssituation haben andere ein Drittel weniger Wasserverbrauch. Wollen wir gemeinsam schauen, wie du das optimieren kannst? Das ist ein Thema wo der Kunde direkt Geld spart, weil er weniger Wasser verbraucht. Aber ich habe natürlich auch das Thema Sustainability, das heißt umweltbewusstes Handeln. Das kann man belohnen und in Marketing-Maßnahmen viel stärker integrieren.
Wenn der Kunde uns eine Datenfreigabe gibt, was die meisten tun, dann erfahren wir von den Events in seinem Haus. Dann ist da nochmal jemand der virtuell auf sein Haus aufpasst. Dann kann ich auch sagen: Oh, da ist eine Micro-Leckage. Können wir dir irgendwie helfen? Hast du das gelöst? Oder: Diese Meldung poppt immer wieder hoch. Sollen wir gemeinsam gucken, um einen größeren Schaden zu vermeiden? Du bist versichert, und das ist Teil unserer Lösung. Somit habe ich viel, viel mehr Interaktionsmöglichkeiten.
KHP: Ich kann aufgrund der Daten bestimmte Auslöser identifizieren, z.B. für Service und ihr könnt ihm dann einen Klempner vorbeischicken?
Tobias Hinterthür: Genau. Bislang treten wir ja nur in Kontakt beim Schaden. Wenn ich aber die Möglichkeit habe, schon vor dem Schaden mit dem Kunden zusammen zu schauen, wo kann ich ihm helfen? Dann nimmt er Versicherungen ganz anders wahr, und dann bin ich im Servicebereich.
Da muss man dann schauen: Wie finanziert man das? Gegenseitig? Oder ist das Teil eines Service-Paketes, was ich dem Kunden vielleicht mitverkaufe oder was er hinzu bucht? Das sind Themen, wo wir sagen in den Ökosystemen ist genau das der springende Punkt wo ich weitere Partner miteinbinde die das können und die besten sind. Wir werden (bei Zurich) keinen eigenen Zurich -Installationsservice haben. Sondern ich binde Partner ein, die zu beiden Marken passen. Der Kunde kann dann Service Pakete buchen oder wir vermitteln sie ihm. Und so entsteht dann ein Partner-Netzwerk (in einem Ökosystem) von dem alle was haben, inklusive des Kunden.
KHP: Gibt's schon eine Internetseite, wo ich mir das anschauen und buchen kann? Oder ist es noch hinterm Vorhang?
Tobias Hinterthür: Das ist noch ein wenig hinterm Vorhang, aber es dauert nicht mehr lange!
Zusammenfassung
KHP: Ich versuch das ganze nochmal in meinen Worten wiederzugeben. Zurich ist im Bereich Innovation sehr strukturiert unterwegs und hat drei Innovation Labs. Du bist Head des Innovation Labs SmartHome. Interessant finde ich, dass ihr eure Ideen außerhalb der Versicherungsbranche identifiziert und versucht zu verstehen, wie ändert sich das Leben des Kunden und wie können wir uns als Versicherer entsprechend positionieren? Genau das ist der branchenübergreifende Denkansatz von Ökosystemen und Digitalen Plattformen.
Ein Erfolgsbeispiel (das du heute präsentiert hast) ist die Wasserstop-Aktion mit der Marke GROHE und ihrem Produkt GROHE Sense Guard. Von der technischen Seite her, wird er in einem Haus hinter der Wasseruhr installiert. Er misst kontinuierlich den Wasserverbrauch und –druck. Das heißt, wenn er einen Rohrbruch gibt bemerkt er das und riegelt die Leitung ab. Das ist der schlimmste Fall für den Kunden und natürlich auch für die Versicherung. Warum ist das für eine Versicherung interessant? Es ist deshalb interessant, weil Leitungswasserschäden einer der größten Schadenkosten-Treiber in der Hausrat- und Wohngebäudeversicherung sind.
Das bedeutet auch, wenn ihr kontinuierlich den Wasserdurchfluss messt (die meisten Kunden geben dazu ihr Einverständnis) könnt ihr noch viele weitere Informationen nutzen. Zum Beispiel bei Mikro-Leckage, wo ihr dann den Kunden entsprechende Hinweise gebt. Ihr könnt auch mit weiteren Themen auf eure Kunden zugehen, weiteren positiven Themen und auch Peer-Group-Vergleiche anbieten, wie: Du verbraucht viel mehr Wasser als deine Vergleichsgruppe, vielleicht ist da irgendwas wo du optimieren kannst.
Wenn ich jetzt ein bisschen in Vorteilen für alle Beteiligten denke, dann ist das einmal die Schadenquote, die ich reduzieren kann, beim Kunden natürlich der ganze Ärger und so weiter. Dann kann ich Vergleicheanbieten, also einen Vorteil in Richtung Sparen und Nachhaltigkeit bieten und das ganze Thema Präventionund gefühlte Sicherheit. Letztendlich wissen wir alle, dass ein Risikoträger nur eine Kostenerstattung bieten kann. Versicherungen können nur vor finanziellen Schäden schützen, aber nicht vor dem Schaden selber oder das Gefühl der Sicherheit vermitteln, eben nur die finanzielle Sicherheit. Mit GROHE habt ihr etwas zusammen aufgebaut, wo der Kunde sicher sein kann, dass er so gut wie keine (größeren) Wasserschaden mehr hat.
Tobias Hinterthür: Das wäre schön, wenn man da irgendwann hinkommen würde. Das ist ein Beispiel für Megatrends. Die zunehmende Vernetzung in den Häusern wird vermutlich noch stärker bringen, dass Risiken einfach wegfallen. Das heißt, wir werden irgendwann zu dem Punkt kommen, an dem wir uns fragen: Wie gehe ich die Bewertung von Hausrat- oder Wohngebäude-Risiken um? Gibt es bestimmte Risiken, die ich dann nicht mehr habe, so wie wir sie heute kennen? Aber kommen vielleicht andere hinzu? Das ist ein bisschen das, worauf wir uns in den Zurich Innovation Labs zumindest vorbereiten wollen und uns sagen, damit sollten wir uns jetzt beschäftigen.
KHP: Lieber Tobias: Es gibt also noch weitere interessante Themenfelder die ihr in euren Innovation Labs untersuchen könnt, mit hoher Relevanz für Versicherer und deren Partner. Vielen Dank für diese Einblicke!
Wer sich mit dir in Verbindung setzen will und mehr über eure Initiativen erfahren möchte, wo sollte er sich hinwenden?
Tobias Hinterthür: Am besten über LinkedIn. Da stelle ich auch ab und zu Themen vor. Falls es mal wieder Konferenzen gibt und wir uns physisch Treffen dürfen, dann dort natürlich auch gerne.
KHP: Ich bin mir sicher, wir werden über das ein oder andere Thema nochmal austauschen. Für heute erst mal vielen Dank und Grüße an dein Team.
Tobias Hinterthür: Gerne, richte ich aus.
Dieser Beitrag basiert auf der Transkription unseres Gespräches vom 7.08.2020. Der Text wurde zur besseren Lesbarkeit und Übersichtlichkeit angepasst.
Jörg-Tobias Hinterthür
https://www.linkedin.com/in/joerg-tobias-hinterthuer-303b6b100/
Zurich SmartHome Innovation Lab
GROHE Sense Guard
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